Georgien

Dieses kleine Land am Rande Europas ist eine Schatzkiste! Vom Wanderparadies im Kaukasus bis zur Küste des Schwarzen Meeres scheint Georgien irgendwo festzuhängen zwischen Jahrhunderte alten Traditionen, modrigen Überresten der Sowjet-Zeit und futuristisch anmutenden Glaspalästen der modernen Hauptstadt Tbilisi. Der Tisch ist reich gedeckt – in jeder Hinsicht… 

Wie lange reisen?

Für die Hauptstadt Tbilisi lohnt vermutlich sogar ein verlängertes Wochenende. Über die vergleichsweise gut ausgebaute Straße sind von hier auch die anderen größeren Städte wie Gori, Kutaissi oder die Schwarzmeerküste in wenigen Stunden erreicht. Doch wer in die Berge der Kaukasusregion eintauchen will, wandern möchte oder abgelegenere Ziele im Land erreichen will, braucht Zeit. In einer Woche lässt sich schon einiges erkunden (wenn man nicht ausschließlich auf öffentliche Verkersmittel setzt), besser sind zehn bis 14 Tage! Ich war bisher einmal in Georgien: Im Jahr 2018 für zehn Tage – zu wenig Zeit für meinen Geschmack…

 

Wohin reisen?

Meine Highlights in Georgien sind zum großen Teil Überbleibsel aus der Sowjet-Zeit. In einer alten Seilbahn über Chiatura zu schweben ist tatsächlich wie eine Reise in einer rostigen Zeitkapsel. Doch sie sind das wichtigste und schnellste Verkehrsmittel in der Stadt! Dagegen hat das Auto die Schmalspurbahn zwischen Bordschomi und Bakuriani eigentlich längst abgehängt. Dass sie trotzdem noch durch den Bergwald fährt, ist ein großes Glück! So aufregend jeder Reisetag in Georgien auch ist – spätestens am Nachmittag steigt die Vorfreude auf das tägliche Highlight: die überwältigend vielfältige Küche des Landes und seinen guten Wein!

#1 Seilbahnfahren in Chiatura

Diese Stadt wurde nach dem Ende der Sowjetunion anscheinend einfach vergessen: Chiatura modert vor sich hin – und mit ihr 60 Jahre alte eiserne Seilbahnen! Sie sind noch im Originalzustand und sehen so verrostet aus, als würden sie bei der nächsten Fahrt einfach vom Tragseil bröseln. Tun sie aber bislang nicht.

#2 Die Schmalspurbahn zwischen Bordschomi und Bakuriani

Lok und Waggons des kleinen Zuges pfeifen, quietschen, klopfen und rattern, während er in äußerst gemächlichem Tempo durch dichten Nadelwald kurvt – gestoppt wird an jeder noch so verwahrlosten Station im gefühlten Nirgendwo. Die 2,5-stündige Fahrt zwischen Bordschomi und Bakuriani mit Georgiens einziger Schmalspurbahn ist nicht nur für Eisenbahnenthusiasten ein Erlebnis!

#3 Georgische Küche

Je wechselhafter die Geschichte eines Landes, desto abwechslungsreicher oft auch die Küche. In Georgien trifft das ganz besonders zu: Unverkennbar sind türkische, sowjetische und persische Einflüsse. Viele Gerichte sind vegetarisch, zum Beispiel Khachapuri (Pide mit Käse und ggf. Ei), was praktisch überall verkauft wird und schon als Nationalgericht gelten darf – wären da nicht die unaussprechlichen Tschurtschchela, mit eingedicktem Traubensaft überzogene, an Fäden aufgereihte Walnüsse – oder Chinkali, eine Mischung aus Ravioli und Maultaschen mit unterschiedlichsten Füllungen. An Cevapcici erinnern Kababi, an Schaschlik-Spieße die köstlichen M’Zwadi. Dazu gilt Georgien als Ursprungsland des Weines. Das spiegelt sich in eher gewöhnungsbedürftigen traditionell vergorenen Tropfen ebenso wider wie in wirklich ausgezeichneten Rotweinen aus der Region.

Für das nächste Mal steht auf jeden Fall eine Fahrt von Tbilisi über den Pass nach Stepanzminda auf dem Programm. Auch den Osten des Landes, wo sich viele der besten Weingüter des Landes befinden, habe ich leider noch nicht gesehen – genauso wie die Küste am Schwarzen Meer.

 

Wie reisen?

Die meisten Reisenden werden Georgien wohl mit dem Flugzeug erreichen – zu den internationalen Flughäfen in Tbilisi und Kutaissi gibt es mehrere Direktflüge täglich, je nach Reiseroute kann ein Gabelflug nützlich sein. Spannender dürfte die Anreise mit der Bahn sein – über Wien oder Budapest, Bukarest und Istanbul. Auch in Georgien solltet ihr auf jeden Fall mit der Bahn fahren, auch wenn das keinen Zeitvorteil gegenüber den rasenden Marschrutkas bringt. Deren darwinistische Fahrweise ist auch der Grund, weshalb ein Mietwagen gerade beim ersten Besuch vielleicht nicht die beste Idee ist. Eine Alternative wäre ein Fahrer für ein paar Tage! Insgesamt ist der öffentliche Personenverkehr ziemlich gut. Beliebte Reiseziele werden von Tbilisi auch von verschiedenen Agenturen als günstige Tagestouren angeboten.

Übernachtet wird am besten in kleinen Pensionen georgischer Familien. Die Gastfreundschaft ist umwerfend, das Essen sowieso!

Meine Reiseroute


Nach zwei Tagen in Tbilisi nehmen wir den Nachtzug nach Sugdidi. Hier warten Marschrutkas nach Mestia, dem touristischen Zentrum in der Kaukasusregion. Zwei Wander-Ausflugstage später brausen wir mit dem Minibus zurück nach Kutaissi. Die folgenden zwei Tage hätten wir ohne unseren Fahrer Lasha nie geschafft: Er fährt uns nach Bordschomi, wo wir in die Schmalspurbahn nach Bakuriani steigen. Am Nachmittag besichtigen wir noch das Höhlenkloster Wardzia und übernachten in Achalziche. Am Morgen bestaunen wir hier die Rabati-Festung, bevor wir in rostigen Seilbahnen über Chiatura schweben und einem einsamen Mönch auf der Katskhi-Säule zuwinken. Rückflug nach Deutschland ab Kutaissi.

 

  • Chiatura
    Chiatura

    Diese Stadt wurde nach dem Ende der Sowjetunion anscheinend einfach vergessen: Chiatura modert vor sich hin – und mit ihr 60 Jahre alte eiserne Seilbahnen! Sie sind noch im Originalzustand und sehen so verrostet aus, als würden sie bei der nächsten Fahrt einfach vom Tragseil bröseln. Tun sie aber bislang nicht.

  • Katskhi-Säule
    Katskhi-Säule

    Auf einem 40 Meter hohen Kalksteinfelsen lebt ein einsamer Mönch. Eine kleine Kapelle und ein Wohnhaus mit Weinkeller – was braucht es mehr für ein Einsiedlerleben? Lebensmittel schicken ihm Gläubige über einen Flaschenzug nach oben und zweimal pro Woche klettert der Mönch eine lange senkrechte Leiter herab, um unten Gottesdienst zu feiern.

  • Achalziche (Rabati)
    Achalziche (Rabati)

    Eines von Georgiens touristischen Highlights ist eigentlich eine historische Mogelpackung: Große Teile der vollständig rekonstruierten Rabati-Festung haben in der Geschichte so gar nicht existiert – oder zumindest nie gleichzeitig. Trotzdem fügen sie sich zu einer scheinbar authentischen Burg-Anlage zusammen, die es zu erkunden lohnt!

  • Höhlenkloster Wardzia
    Höhlenkloster Wardzia

    Wardzia beeindruckt mit hunderten in den Fels gehauenen Räumen, die verbunden sind durch ein unterirdisches Tunnelsystem. Uralte bunte Fresken in einer Kapelle zeugen außerdem von der frühen Blütezeit der Region vor 700 Jahren. Damals war das Höhlenkloster ein wichtiges religiöses Zentrum Georgiens – heute ist es eine imposante Pilgerstätte für Touristen.

  • Schmalspurbahn Bordschomi-Bakuriani
    Schmalspurbahn Bordschomi-Bakuriani

    Lok und Waggons des kleinen Zuges pfeifen, quietschen, klopfen und rattern, während er in äußerst gemächlichem Tempo durch dichten Nadelwald kurvt – gestoppt wird an jeder noch so verwahrlosten Station im gefühlten Nirgendwo. Die 2,5-stündige Fahrt zwischen Bordschomi und Bakuriani mit Georgiens einziger Schmalspurbahn ist nicht nur für Eisenbahnenthusiasten ein Erlebnis!

  • Bordschomi
    Bordschomi

    Das berühmte Mineralwasser aus Bordschomi hat angeblich heilende Kräfte und wird in ganz Georgien verkauft. Im Kurpark kann man das schwefelig-salzige Wasser direkt an der Quelle probieren.

  • Kutaisi
    Kutaisi

    Neben der mehr als 1.000 Jahre alten Bagrati-Kathedrale und einem riesigen Markt punktet Georgiens zweitgrößte Stadt vor allem durch eine entspannte Atmosphäre. Kutaisi ist der ideale Ausgangspunkt, um den Westen des Landes zu erkunden.

  • Mestia
    Mestia

    Mestia boomt! Überall entstehen neue Unterkünfte, werden Anbauten für zusätzliche Gästezimmer geschaffen. Unter lautem Hämmern und Sägen an jeder Ecke entsteht hier das touristische Zentrum Swanetiens. Im Sommer bietet die Gegend tolle Wanderwege im großen Kaukasus, für die Wintersaison wurde ein Skigebiet hergerichtet.

  • Nachtzug Tiflis-Sugdidi
    Nachtzug Tiflis-Sugdidi

    Die Georgische Eisenbahn ist langsam – gut so! Denn sonst hätten wir für die etwa 310 Kilometer lange Strecke von Tiflis nach Sugdidi im Westen des Landes wohl kaum 8:20 Stunden gebraucht. In kunststoffverkleideten Schlafabteilen, die anscheinend nach dem Ende der Sowjetunion aufgemöbelt wurden (und die seitdem als „modern“ beworben werden), ruckelt und quietscht der ...

  • Tiflis (Tbilisi)
    Tiflis (Tbilisi)

    Die Hauptstadt Georgiens begeistert: Hier lässt sich am besten beobachten und fühlen, wie sehr sich das Land im Aufbruch befindet. An einer Ecke kann Tiflis bei europäischen Städten mithalten, ein paar Straßen weiter bröckelt grauer, post-sowjetischer Charme von den Häuserwänden. Doch so gut wie überall werden Besucher mit offenen Armen empfangen!

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