Die Georgische Eisenbahn ist langsam – gut so! Denn sonst hätten wir für die etwa 310 Kilometer lange Strecke von Tiflis nach Sugdidi im Westen des Landes wohl kaum 8:20 Stunden gebraucht. In kunststoffverkleideten Schlafabteilen, die anscheinend nach dem Ende der Sowjetunion aufgemöbelt wurden (und die seitdem als „modern“ beworben werden), ruckelt und quietscht der Zug durch die Nacht – und hält tatsächlich an jeder noch so kleinen Station – bis er pünktlich um kurz nach 6:00 Uhr früh ankommt.

Kaum haben wir unser Abteil in Wagen 3 gefunden, geht es auch schon los. Das war knapp! Aber da um diese Zeit ohnehin nur ein Zug ab dem Hauptbahnhof in Tiflis fährt, konnten wir immerhin nicht in den falschen einsteigen. Die Betten sind schnell mit Zellstoff-Laken bezogen, der Schaffner nickt noch einmal die Tickets ab. Tatsächlich gibt es in jedem Waggon einen Schaffner, der – nicht gut aber auch nicht besonders schlecht gelaunt – für Ordnung sorgt.

An jeder noch so kleinen Station steigen alle Schaffner aus, leuchten mit ihren Taschenlampen den Bahnsteig ab und klettern wieder an Bord. Klink-klonk ruckelt der Zug dann weiter.

Die Abteile sind recht hell und sauber, vor dem Fenster schlackern beigefarbene Plastikvorhänge, die Bettenlänge ist höchstens für europäische Durchschnittsgrößen ausgelegt. Ohne Lüftung wird es allerdings recht warm im Abteil. Dazu das ständige Abbremsen, Anfahren, Hupen und Pfeifen – erholsamer Schlaf ist anders. Immerhin legt der Zug unterwegs so viele Zwischenhalte ein, dass wir wenigstens in diesen kurzen Momenten der Ruhe einschlafen, bevor wir mit dem Anfahrruck wieder aufwachen.

Die vielen Halte sind wohl nötig, um überhaupt auf eine lohnend lange Nachtzugstrecke zu kommen: Zwischen Berlin und Hamburg sind es auch nur etwa 300 Kilometer – und ein ICE braucht dafür schließlich nicht einmal zwei Stunden. Die Strecke nach Sugdidi ist aber auch deutlich kurvenreicher…

Der letzte Zwischenhalt vor der Endstation ist besonders lang – nicht pünktlich in Sugdidi einzufahren also fast unmöglich. Am Bahnhof warten schon einige Marschrutkas, meist mit Ziel Mestia.


Tipps:

  • Zugtickets verkauft die Georgische Staatsbahn etwas umständlich auch online. Mit der Reservierungsnummer und Pass kann man dann einfach einsteigen. Sollte die 1. Klasse („soft-seated“, 2 Betten pro Abteil) kurzfristig ausgebucht sein, kann man für wenig mehr Geld auch ein komplettes 2.-Klasse-Abteil („compartment“) mit 4 Betten (Doppelstock) buchen – die Betten 1,2,3,4 sind das erste Abteil, 5,6,7,8 das zweite, etc. Im Zweifel einen hilfsbereiten Einheimischen bei der Bahn anrufen und checken lassen…
  • Der Fahrplan der Georgischen Bahn ist leider schwer zu finden… (Die Zeiten zeigen Hinfahrt und Ankunft des Zuges sowie Rückfahrt(!) und Ankunft) – wird er gar nicht angezeigt, hilft es, sich zu registrieren(!). Dann werden alle verfügbaren Verbindungen am Reisetag aufgelistet – und man kann direkt buchen.