Monument Valley ist die Wildwest-Kulisse schlechthin. Die Gegend mit ihrem roten Sandboden und den charakteristischen Felsformationen ist in unzähligen Filmen verewigt – was der Grund sein dürfte, warum bei einem Ausritt sofort ein Cowboy- und Indianer-Gefühl aufkommt. Wenn man nicht gerade in einen Sandsturm gerät…
Noch liegen zwei Stunden Fahrt vor uns und es wird allmählich dunkel. Auf dem stockfinsteren Highway zu fahren, ist tatsächlich etwas unangenehm. Um diese Zeit bietet der The View Campingplatz im Monument Valley gar keine „View“ mehr. Wir sind froh, dass wir das Zelt bei dem starken Wind auf dem weichen Sandboden in den Dünen aufgebaut bekommen. Wer hier etwas zu Essen sucht, hat nur eine Möglichkeit: Das The View-Hotel-Restaurant. Wie alles im Nationalpark wird es von Navajo gemanagt. Dazu gehört auch die Regel: Nur alkoholfreies Bier. In kühler Hotel-Atmosphäre serviert eine unaufmerksame Bedienung ein dick-frittiertes-Knochenhuhn mit Ofenkartoffel und Tiefkühlgemüse sowie eine überdimensionierte Weizentortilla gefüllt mit einem großen, sehnendurchzogenen Fleischfladen. Wir entscheiden uns, am nächsten Tag lieber selbst zu kochen… Der Wind zerrt beunruhigend stark an der Zeltplane. Doch vierzehn Heringe und unser frisch aufgepepptes Gewicht sollten ausreichen, um über Nacht nicht wegzufliegen.
Am Morgen hat der Wind etwas nachgelassen. Kaum treffen die ersten Sonnenstrahlen auf das Zelt, ist es unerträglich heiß. Wir pellen uns aus den Schlafsäcken und verstehen sofort, warum der Campingplatz The View heißt: Die Aussicht ist überwältigend!
Ein Blick auf die Uhr ist hier verwirrend: Eigentlich befinden wir uns bereits in Arizona, in einer Zeitzone, eine Stunde vor der Utah-Zeit. Doch die Navajo nutzen weiter die Utah-Zeit, um das Sonnenlicht besser auszunutzen.
Das Abendessen hat uns nicht glücklich gemacht, wir brauchen Frühstück! Dafür fahren wir nach Kayenta. Der nächstgelegene Ort ist etwa eine halbe Stunde Autofahrt entfernt. Wir lassen unsere Wäsche waschen und setzen uns in das Frühstückscafé Blue Coffee Pot, um uns herum viele offensichtlich übergewichtige Natives, die schon um diese Zeit XXL-Becher Eistee leeren. Diabetes scheint besonders hier ein großes Thema in der Bevölkerung zu sein: Es gibt ganzseitige Zeitungsanzeigen, die etwa vor dem Verzehr süßer Getränke warnen. Die Portion mit zwei extra-dicken Pancakes schmeckt trotzdem – auch wenn wir von den vier beiliegenden Päckchen Ahornsirup (à 42 Gramm) nicht einmal die Hälfte darüber kippen…
Um diese Uhrzeit ist das Eintrittshäuschen an der Straße wieder besetzt. Ein grimmiger Mann kassiert ab: „Good morning. 20 Dollars! Two People? Unfold the map, follow the instructions. Bye!“
Vom Campingplatz aus führt eine 17 Meilen lange, schlaglochgeprägte Rundtour durch den Park. Mit dem Auto furchtbar zu fahren – für die Augen ein Genuss!
Die roten Sandstein-Monolithen sind eines der Wahrzeichen schlechthin in den USA. Um das Wild-West-Feeling komplett zu machen, reiten wir drei Stunden durch die Landschaft. Unsere Indianerpferde sind zwar etwas zottelig aber sehr erfahren.
Zwischen den markant aufragenden Formationen haben wir das Gefühl, durch ein Hollywood-Set zu reiten. Kein Wunder: In der Gegend wurden schon so viele bekannte Spielfilme gedreht, dass wir der Aufzählung unseres Guides gar nicht mehr folgen können. Die Kulisse ist perfekt und die Navajo zu geschäftstüchtig, um sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen, neue Werbung für ihr Reservat zu machen. In der Nachmittagssonne leuchtet die Landschaft in prächtigen Farben – nur der Wind macht uns wieder etwas zu schaffen.
Bis zum Abend hat er sich erneut zu einem kleinen Sandsturm entwickelt. Das Mückengitter unseres Zeltes ist viel zu grob, um die feinen roten Körnchen abzuhalten. Sie kriechen in jede Ecke, gelangen auf unerklärliche Weise sogar ins Innere unseres geschlossenen Autos. Und als das Wasser auf unserem kleinen Gaskocher endlich siedet, bedeckt der Sand längst auch die Nudeln im Topf und knirscht zwischen unseren Zähnen… Nur halb gesättigt verkriechen wir uns wieder ins Zelt – das wir nun auch mit dem Fußende in den Wind drehen, um nicht wieder vom Gezerre an der Zeltplane aufzuwachen.
Genervt vom Sand im Schlafsack und dem weiterhin starken Wind packen wir zusammen. Schade, denn die Landschaft ist eigentlich so unvergleichlich schön, dass wir sie gerne in besserer Erinnerung gehabt hätten. Zum Frühstück sind wir wieder in Kayenta. Das Amigo Café serviert deftige Huevos Rancheros, die gleich das magere Abendessen wieder ausgleichen…