Dieser See hat ohne Frage eine besondere Anziehungskraft. Spirituelle Gesellen spüren hier eine angeblich besonders starke Erd-Energie, weniger tiefgründige Globetrotter bezeichnen ihn schon mal als „schönsten See der Welt“. Fest steht, dass der Atitlán-See umgeben von Vulkanen und kleinen Dörfern mit seinem tiefen, in allen grün-blau-grau-Nuancen schimmernden Wasser einen Platz weit oben auf der Rangliste verdient hat – vor allem, wenn die Morgensonne das leuchtende Rot glühender Lavaströme am Horizont ablöst.
Die 150 PS des Außenbordmotors sind definitiv zu viel für das dünnwandige Glasfaserboot, das mit bis zu 50 km/h quer über den See brettert. Auf dem leicht aufgewühlten Wasser schlägt es derart stark auf jede Welle, dass wir das Gefühl haben, es könnte jederzeit auseinanderbrechen. Der Empfang auf dem Atitlán-See könnte schöner sein. Aber Vollgas ist eben wichtiger als Sicherheit – Lateinamerika…
Blick vom Hotel Mikaso auf den See
Die Schönheit des Sees bewundern wir deshalb erst von San Pedro aus. Der zweitgrößte See Guatemalas liegt auf 1.530 Metern Höhe und ist bis zu 350 Meter tief. Er ist aus einer Vulkaneruption entstanden und hat deshalb keinen natürlichen Abfluss. Ob sich das Wasser im Krater der Eruption gestaut hat, oder nicht mehr ablaufen konnte, nachdem durch andere Vulkausbrüche der Abfluss verstopft wurde, ist unklar. In jedem Fall ist er ein sensibles Ökosystem: Bis das ganze Wasser einmal ausgetauscht ist, soll es 80 Jahre dauern! In regelmäßigen Abständen (40-50 Jahre) steigt und fällt außerdem der Wasserspiegel. Zurzeit ist es eher hoch – viele Häuser stehen schon bedrohlich nah am Ufer oder sind bereits überschwemmt.
Indian Nose zu Sonnenaufgang
3:25 Uhr ist normalerweise nicht meine Aufstehzeit. Aber um den Sonnenaufgang über dem Atitlán-See zu sehen, ist es das wert! Der Minibus ist mit zwölf Touristen voll besetzt und fährt durch die Dunkelheit steile Serpentinen hinauf bis zum Ausgangspunkt einer kurzen Wanderung. Ein netter alter Maya-Mann, der ständig lacht und sich über seine Gäste freut, führt uns auf schmalen Pfaden etwa 15 bis 20 Minuten bergauf. Es gibt offenbar nicht „den“ Indian-Nose-Aussichtspunkt. Die Taschenlampen anderer Gruppen leuchten an anderen Stellen am Berghang. Prima, so ist es hier oben nicht überlaufen.
Die Sicht ist wirklich spektakulär! Das Morgenrot ist erst zu erahnen, doch der Feuerschein des lava-spuckenden Fuego-Vulkans in der Ferne deutlich sichtbar – wow! Darunter spiegelt der Atitlán-See den sich allmählich verfärbenden Morgenhimmel. Ein paar Hunde jaulen in der Ferne, der erste Bus sammelt im Ort die ersten Menschen ein. Sonst ist es völlig ruhig – eine einmalige Atmosphäre!
Atitlán-Rundfahrt
Santiago ist die größte Stadt am See. An der Hauptstraße reiht sich ein vollgestopfter Souvenir-Laden an den anderen und spätestens am Parque Central wird jeder Besucher angesprochen, ob er nicht zum Maximón geführt werden möchte. Diese fragwürdige Heiligenfigur sitzt angeblich rauchend und trinkend in einem Hinterzimmer und nimmt „Spenden“ entgegen – in Form von Zigaretten, Alkohol oder am liebsten Geld. Jedes Jahr zieht er in ein anderes Haus, weshalb man einen Führer zu seinem genauen Aufenthaltsort braucht. Leider sind die genauso halbseiden wie ihr Heiliger Maximón. Ihre Ortskenntnis lassen sie sich am liebsten mit 10 Euro bezahlen, würden ihr Wissen aber auch freiwillig für weniger als ein Drittel verkaufen, wenn man nur immer wieder höflich ablehnt…
Panajachel ist das Tor zum See. Fast alle Besucher kommen hier durch – entsprechend touristisch ist das Angebot. Schnellboote fahren von hier jeden größeren Ort am See an. Ich entscheide mich für ein langsames Boot und schippere die Küste entlang.
Am Anleger in Santa Cruz warten Teenager-Taxifahrer mit ihren Motorrollern auf lauffaule Kundschaft, denn die Straße ist steil und in der schwülen Nachmittagshitze ziemlich schweißtreibend! Oben angekommen gibt es nicht viel zu sehen. Der Ort ist so klein, dass der zentrale Platz vor Kirche, Gesundheitsstation, Rathaus, Polizeiwache und Schule auch gleichzeitig Fußball- und Basketballfeld ist. Doch nur ein paar Schritte weiter bietet sich von der Dachterrasse des Berufsbildungszentrums Cecap (s.u.) ein toller Panoramablick über den See!
Mit dem Boot geht es weiter über den nachmittags zunehmend rauen See. Zwischen kleinen Dörfern kleben immer wieder immense Villen an den Hängen – viele sind teure Hotels oder exklusive Privatanwesen. Als Kontrast dazu zeigt sich San Marcos. Die Zeit reicht leider nicht, um den als Hippie-Paradies beschriebenen Ort zu besuchen. Aber schon vom Anleger ist laute Partymusik zu hören und mehrere der zusteigenden Passagiere haben sich offensichtlich nicht nur an Bier oder Tequila berauscht…
Dagegen ist San Pedro zur Nebensaison eher ruhig. Längst nicht alle Geschäfte, Bars oder Restaurants haben geöffnet und einige der Gebäude wirken etwas vernachlässigt. Doch mit unserem Hotel Mikaso (s.u.) haben wir einen echten Glücksgriff gemacht und genießen den Abend an diesem großartigen See.
Vor allem mit schmerzendem Muskelkater nach einer anstrengenden Wanderung lässt es sich in den „Baños Termales“ in San Pedro prima entspannen! Das Wasser in den betonierten Badewannen am Ufer des Sees wird angeblich durch Sonnenwärme erhitzt. Getränke muss man aber mitbringen.
Das Hotel Mikaso in San Pedro liegt direkt am Ufer. Von der entspannten Sonnenterrasse oder dem guten Restaurant gibt es einen ausgezeichneten Blick über den See!
Fast alle Touranbieter in San Pedro haben den Sonnenaufgang zur „Indian Nose“ im Programm – mal mit größeren Gruppen, mal ganz individuell. Solide und sehr günstig ist Benjy-Tours (9 Euro, 4 Std). Unbedingt eine Taschenlampe mitnehmen, besser ein Kopflicht!
Das Berufsbildungszentrum Cecap in Santa Cruz bringt Jugendlichen Nähen oder Kochen bei – und bietet von der Dachterrasse einen Panoramablick über den See! Das Restaurant serviert ausgezeichnete lokale Gerichte, etwa sehr leckere Tayuyos (ein mit Bohnen und Käse gefüllter Tamal mit Guacamole und Pico de Gallo).