Veracruz
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Piraten muss Veracruz heute keine mehr fürchten. Höchstens Software- und Sonnenbrillen-Piraterie der vielen tüchtigen Händler, die abends die Hafenpromenade bevölkern. Aber die sind harmlos im Vergleich zu den Angriffen, die die Stadt im 16. und 17. Jh. hinter sich hat. Festungen und Kanonen gibt es trotzdem noch genug in der Stadt, die sich jetzt aber der Verteidigung der Marima-Kultur verschrieben hat.

Mira!“ – „Schau mal, das Meer!“ Ein kleines Mädchen entdeckt den Atlantik zuerst. Der Bus fährt jetzt an der Küste entlang, vorbei an Bananenplantagen. Nächster Halt: Veracruz.

Am Morgen ist es so wahnsinnig schwül im Hotelzimmer, dass auch eine kalte Dusche nichts ausrichten kann. Immerhin hat die Hitze wohl auch die Mücken abgehalten, von denen es hier an der Küste ziemlich viele gibt. Autan und Sonnencreme versiegeln so ziemlich jede Pore meiner Haut – mal sehen, wie lange es gegen den Schweiß hilft…
Im Café del Portal, direkt neben der Kathedrale, gibt es leckeren „Lechero“. Ein Glas, das etwa zu einem Drittel mit Kaffee gefüllt ist. Dann kommt ein Kellner, fragt, ob es noch mehr Kaffee sein soll und gießt dann aus einer großen Metallkanne aus etwa einem halben Meter Höhe heiße Milch ins Glas, bis es schäumt. Dazu spielt eine Marimba-Band drei Lieder auf ihren Xylophonen. Interessante Untermalung für mein Frühstück…

Die Kathedrale von Veracruz

Die weiße Kathedrale ist ein wunderbares Fotomotiv. Sie leuchtet in der Vormittagssonne, die Palmen auf dem Hauptplatz rahmen sie ein. Was die Kirche von außen hermacht, geht leider innen nicht so weiter. Eine Hälfte sieht ganz ordentlich restauriert aus, auf der anderen Seite ist das Kirchenschiff fast vollständig entkernt. Bauarbeiter machen Pause und so hat mein Reiseführer wahrscheinlich Recht, wenn er schreibt dass der Verfall schneller voran geht als die Restaurierung.
Langsamkeit ist bei diesem heißen Klima offenbar das Gebot der Stunde – und aller Tage. Im Postamt arbeiten etwa 15 Menschen, aber nur eine Frau bedient Kunden. Unter dem Vorwand „Das klappert“ muss die Kundin vor mir ihr Paket auspacken und einen (anerkennenden) Kommentar über den Inhalt annehmen, um das Paket hinterher genauso wieder zuzumachen, wie es schon vorher war. Ihre Neugierde kann die Post-Frau bei mir leider nicht stillen – ich brauche nur Briefmarken.
Doch Postkarten sind in Veracruz schwieriger zu bekommen, als ich dachte. An den vielen kleinen Touristenständen, die den Malecón (Pier) am Hafen säumen, gibt es nur allerlei Kitsch-Quatsch.

Vor dem alten Leuchtturm befüllt das Militär gerade den Brunnen mit neuem Wasser. Ist es vorher etwa verdunstet? Gut vorstellbar, bei der Hitze. Aber ich gewöhne mich langsam daran. Zehntausend Liter plätschern aus einem Tankwagen langsam in das große Brunnenbecken. Ein paar Soldaten passen auf. Der Leuchtturm gehört wohl der Marine. Davor stehen jedenfalls zwei große Flugabwehr-Geschütze eines Kriegsschiffs – und sie sind gut in Schuss. Kinder und Eltern freuen sich, nehmen auf dem Sitz hinter dem Geschütz Platz, drehen es, zielen… Alles nur aus Spaß. Da laufe ich doch lieber weiter. Das riesige Betonklotz-Gebäude der staatlichen Ölgesellschaft Pemex ist zwar auch kein besonders schöner Anblick. Aber Veracruz hat ja noch mehr zu bieten. Mit Kanonen hat aber ziemlich viel zu tun. Die Baluarte de Santiago ist eine kleine Festung, die jetzt mitten in der Stadt auf einem häuserblock-großen Platz steht. Früher reichte das Meer bis hierher. Und die Festung sollte Schutz vor Piratenangriffen bieten. Davon gab es in Veracruz genug. Über eine Zugbrücke gelangt man auf die Festung. Piraten sind aber auch vom Ausguck ganz oben nicht in Sicht. Die gusseisernen Kanonen zielen jetzt eben auf Stadtbusse, friedliche Menschen und die Wohnhäuser rundherum. Ein paar mit schwarzen Masken vermummte Soldaten übernehmen jetzt die Verteidigung – und fahren mit ihren Pickups und Maschinengewehren durch die Straßen.

Verteidigung wurde in Papantla früher groß geschrieben. Zu viele Piratenangriffe musste die Stadt erleben.

Ich entscheide mich für die friedliche Art der Stadtbesichtigung. Aber das Veracruzanische Kulturinstitut hat leider nichts zu bieten außer vielleicht ein paar Kunsthandwerk-Stücken, die ich in ähnlicher, wenngleich wohl auch kitschigerer Form auch an den Ständen am Hafen kaufen könnte. Da ist das Stadtmuseum schon interessanter. Eine Klimaanlage gibt es zwar nicht, aber dafür sind viele Modelle Veracruz‘ ausgestellt, die die Stadtgeschichte erklären und ihre Befestigung gegen die ständigen Piratenangriffe über die Jahrhunderte anschaulich machen.
Am Denkmal für den Feuerwehr-Helden (mit links rettet er ein Kind aus den Flammen, mit rechts löscht er) gelange ich in ein hübsches kleines Viertel aus einfachen bunten Holzhäusern. Hier gibt es ein gutes Restaurant und ich brauche eine kleine Pause.
Zurück am Hafen warte ich anderthalb Stunden auf den Beginn einer Bootstour. Doch außer der ständig wiederholten Ansage „Es geht sofort los, jetzt Ticket kaufen, wir fahren vorbei am Malecón bis zum Strand und rüber bis zum Castillo Juán de Ullúa“ passiert nichts. Ich warte, beobachte, wie Hafenkräne an einer riesigen Hochseeplattform bauen und wandere dann doch wieder zu Fuß den Pier in Richtung Stadt. Es ist später Nachmittag und langsam wird der Malecón belebter. Bunte Luftballons und Drachen an langen Schnüren wiegen langsam im Wind hin und her oder flattern durch die Luft. Zwischen Seifenblasenverkäufern wandern nun immer mehr Menschen die Promenade entlang und essen Eis.
Genau das habe ich auch vor. Zwei Schlepper brüllen unüberhörbar: „Hierher! Hierher! Wir haben das beste Eis!“ – „Nein, hierher! Wir haben es!“ In Wirklichkeit hat keiner wirklich leckeres Eis. Das heißt hier „Nieves“. Schnee. Und genau diese Konsistenz hat es auch. Nur eben mit süßem Geschmack. Nicht mein Fall.

Erst am Abend füllt sich die Promenade mit Menschen. Tagsüber ist es viel zu heiß.

Auf dem Zócalo tobt am frühen Abend das Leben. Ein paar Reihen Plastikstühle stehen im Halbkreis aufgebaut, auf einer Bühne in der Mitte des Platzes spielt eine Marimba-Band langsame Lieder und auf dem Platz tanzen ältere Paare seeehr langsam dazu. Ein niedlicher Anblick! Rundherum warten auch hier Luftballon-, Süßigkeiten- und Zigarettenverkäufer auf Kundschaft. Auch die Seitenstraßen rund um den Zócalo verändern sich am Abend. Überall stehen nun hell erleuchtete kleine Wägelchen, an denen Tacos verkauft werden. Kleine Tortilla-Fladen, die mit Fleisch und etwas Gemüse gefüllt werden. Je nach Geschmack. In einem Meer von Plastikstühlen und –tischen ist Platz für ein Abendessen. Ich habe keine Ahnung, was mich bei den Tacos erwartet. Deshalb probiere ich alle Sorten. Am spannendsten ist ein Döner-ähnlicher Fleischspieß, von dem etwas abgeschnitten und auf den Taco gelegt wird. „Taco Al Pastor“ nennt sich das und ist mit Abstand die beste Wahl, um nicht wieder Innereien zu erwischen – aber das passiert mir ja jedes Mal irgendwie…

Bevor ich Veracruz schon wieder verlasse und mich auf eine Nachtfahrt nach Oaxaca mache, lasse ich den Tag in einer Bar am Zócalo ausklingen. Die alten Marimba-Tänzer haben aufgehört, nun buhlen einzelne Musiker oder kleine Bands um die Pesos der draußen vor den Bars sitzenden Gäste. Auch einen Lebensvorrat Sonnenbrillen könnte ich kaufen oder einfach einem Bettler Geld geben. Das gehört wohl zum Unterhaltungsprogramm. Noch lästiger sind allerdings die Scharen von Mücken, die sich über meine Beine und Knöchel hermachen. Erst im Bus bin ich sie los. Zu kalt drinnen. Schockgefrostet. Gute Nacht.