Montenegro ist ein echtes Juwel am Mittelmeer: An der Adria-Küste auf Hochglanz poliert, im Hinterland noch ungeschliffen. Dazwischen breitet sich unter der Sonne des Balkans ein bezauberndes Prisma aus atemberaubenden Landschaften, musealen Altstädten, heiligen Klöstern und unberührter Natur aus. Nur wenige Länder können auf eine derartige Vielfalt auf so kleinem Raum stolz sein.
Wie lange reisen?
Montenegro ist kleiner als Schleswig-Holstein – aber um ein Zig-Faches bergiger. Viele Straßen sind schmal und kurvenreich, trotzdem liegen die meisten wichtigen Orte meist kaum eine Stunde Fahrzeit voneinander entfernt. Die schöne Bucht von Kotor lässt sich so an einem langen Wochenende ausgiebig erkunden. Wer auch noch etwas von der Küste entdecken, durch den Lovcen-Nationalpark fahren und den ein oder anderen Ort erkunden will, hängt noch ein bis zwei Tage dran. Für entferntere Ziele wie das Ostrog-Kloster, den Urwald im Biogradska Gora Nationalpark oder den Tara-Canyon braucht es je einen weiteren Tag. In einer knappen Woche gelingt so ein guter Überblick über das Land, Montenegro-Experten reisen mindestens zehn Tage oder zwei Wochen auch durchs entferntere Hinterland.
Wohin reisen?
Meine Highlights liegen quer über das Land verstreut und sind so vielfältig wie Montenegro selbst.
#1 Bucht von Kotor
Dieser malerische Mittelmeerfjordist der unumstrittene Star von Montenegro. Das haben auch die Kreuzfahrtreedereien erkannt und schleusen täglich bis zu 10.000 Touristen durch das UNESCO-Welterbe. Zum Glück gibt es rund um die Bucht aber auch noch ruhige Flecken, an denen sich die fantastische Landschaft bewundern lässt.
#2 Berge im Hinterland
An der Küste verkauft Montenegro seine Seele, in den Bergen wird sie bewahrt. Die Nationalparks Lovcen oder Biogradska Gora sind schöne Wandergebiete, über enge an den Berghang geschmiegte Straßen und steile Serpentinen erreicht man alte Klöster – und sollte unbedingt hin und wieder für großartige Ausblicke anhalten!
#3 Prsut und Vranac
Die wechselhafte Geschichte Montenegros schlägt sich auch in der Küche nieder: Den Venezianern ist wohl die italienisch-angehauchte Mittelmeerküche zu verdanken, Österreich-Ungarn hat eine Vorliebe für süße Pfannkuchen (Palacinka) und deftiges Gulasch da gelassen und die mächtigen (aber mau gewürzten) Grillplatten schreibe ich mal Ex-Jugoslawien zu. Kein Tag sollte ohne Vorspeisenplatte voller Käse und geräuchertem Schinken (Prsut) enden – abgerundet mit hervorragendem Vranac-Rotwein aus der Region.
Wie reisen?
Wer mit dem Flugzeug anreist, kommt entweder in Podgorica an oder in Tivat, was v.a. für einen Kurzbesuch an der Bucht von Kotor lohnt. Von hier geht es am besten mit dem Mietauto weiter. Es gibt zwar sporadische Bus- und Bahnverbindungen. Aber auf den eigenen vier Rädern lässt sich das Land entspannter und v.a. individueller erkunden! Der Fahrstil vieler Montenegriner ist allerdings – freundlich ausgedrückt – recht risikofreudig. Im Zweifel ist die Bremse der bessere Freund als das Gaspedal…
Ich bin im Oktober 2019 für sechs Tage durch Montenegro gereist – mit dem Auto ab Podgorica.
Nach der Landung am Nachmittag war gerade noch Zeit, um zum Ostrog-Kloster zu fahren und die Abendstimmung in dem orthodoxen Wallfahrtsort zu erleben, dessen Ursprünge bis ins 17. Jh. reichen. Von Podgorica aus führt eine wirklich atemberaubend schöne Strecke durch eine tiefe Schlucht zum Biogradska Gora-Nationalpark – strömender Regen verleiht dem Bergwald übrigens eine ganz besonders mystische Atmosphäre.
Ohren anlegen und Augen aufmachen heißt es für den besten Blick auf die schöne Schleife des Crnojevic-Flusses zwischen Podgorica und der alten Hauptstadt Cetinje. Dafür muss eine abenteuerlich enge Nebenstraße (am besten bergab) passiert werden.
Auf der Rallye-Strecke (natürlich mit rot-weißen Leitplanken und Randsteinen) von Cetinje durch den Lovcen-Nationalpark sollte man erst gar nicht versuchen, den Streckenrekord (12 Kilometer in 7:32 Minuten (Youtube)) zu brechen. Die Landschaft rechts und links ist viel zu schön – und im Zweifel arbeitet der Fahrer im Gegenverkehr gerade selbt rücksichtslos an seiner persönlichen Bestzeit… Vom Mausoleum für den Nationalhelden Petar II. Petrovic-Njegos hoch oben auf dem Berg Lovcen blickt man im Idealfall weit übers Land bis aufs Meer – oder steht mitten in den Wolken. Mit ausreichend Serpentinen-Übung geht es nun wieder bergab in Richtung Kotor. Unterwegs gibt es ausreichend Parkbuchten, um den Blick über die malerische Bucht schweifen zu lassen. Kotorist dann Ausgangspunkt für Ausflüge auf dem oder am Wasser – etwa zu einer Kirche auf einer kleinen Insel, zu 2.800 Jahre alten Felsmalereien oder der mit 330 Metern Breite engsten Stelle der Bucht.
Über den Megayacht-Hafen von Tivat kann man im Grunde nur staunen: Porto Montenegro gibt einen Einblick in die künstliche Welt von Superreichen. Die Marina wirkt derart steril, dass sich nicht einmal Computerspiel-„Sims“ hier wohl fühlen würden! Unweit von hier hat das Großkapital einen der schönsten Strände Montenegros im Visier. Außer dem Streifen aus feinem Sand (eine Seltenheit an der Kieselküste der Adria) ist im Przno-Strand bereits alles für den Bau eines Hotels abgesperrt. Noch lässt es sich hier aber herrlich entspannen. Vorbei an der mehrstöckig-betonierten Partywelt von Budva ist schnell Sveti Stefan erreicht. Die süße (Privat-)Insel, die über einen pinkfarbenen Kieselstrand an der Küste angedockt ist, dürfen zwar nur Hotelgäste betreten. Viel besser ist aber ohnehin der Blick von oben in der Vormittagssonne!
Ein schneller Blick von der Besac-Festung in Virpazar über den großen Skadar-See im Süden des Landes muss reichen. Für eine Bootstour wären mindestens zwei Stunden nötig. 30 Minuten reichen dagegen für einen schnellen Abstecher zum Niagara(!)-Fall hinter dem Flughafen von Podgorica.
Tipps
Im Zentrum von Podgorica gibt es einige hübsche Restaurants und Bars. In der gemütlichen Konoba Lanterna schmeckt das montenegrinische Essen ganz ausgezeichnet. Bei sehr hungrigen Touristen äußerst beliebt ist außerdem das günstige Pod Volat am Uhrturm in der Altstadt – wenn nicht extra bestellt, kommt auf der Fleischplatte kein Cavapcici je auch nur mit einem Salatblatt in Berührung. Meisterhaften Apfel- oder Mohn-Strudel backt die Pekarica Panini am Republikplatz – die belegten Croissants sind der perfekte Mittagssnack zum Mitnehmen!
Der Blick von den Terrassen des Horizont-Cafés an der Strecke zwischen Lovcen und Kotor auf die Bucht ist wirklich himmlisch!
Die (ehrlich gesagt nicht ganz günstige) Vorspeisenplatte voller Schinken und Käse im Restaurant des Hotel Adrovic in Sveti Stefan sucht ihresgleichen – den Blick auf die kleine Insel gibt es dazu. Authentische Adria-Küche serviert auch Drago (allerdings ohne den guten Blick).