Bier und Tequila. Was für ein Empfang. Kaum bin ich in meiner neuen Wohnung eingezogen, lerne ich die mexikanische Freude am Trinken kennen. Willkommen in Mexiko!
Malte Führing
Bier und Tequila. Was für ein Empfang. Kaum bin ich in meiner neuen Wohnung eingezogen, lerne ich die mexikanische Freude am Trinken kennen. Willkommen in Mexiko!
Mexikanerinnen! Eine Reisegruppe älterer Frauen sitzt am Flughafen London-Heathrow. Alle haben mächtig eingekauft: Duty Free. Stolz präsentieren sie gegenseitig die neuen Errungenschaften und Mitbringsel. Ein Plastikflugzeug und viele Union-Jack-Kaffee-Tassen. Freude wie auf einem Kindergeburtstag. Irre.
Leider ist kein Fensterplatz mehr frei. Ich quetsche mich in die erste Reihe hinter einer Trennwand irgendwo hinten im Flugzeug. Links von mir nimmt eine Mutter ihr (zum Glück schlafendes) Baby (Felicity) auf den Schoß und rechts setzt sich ein dicker Mexikaner (César). César spielt während des gesamten Fluges auf seinem iPad. Die Musik seines Spiels scheint ihm zu gefallen – seine kurzen dicken Unterarme bewegt er, als würde er trommeln. Ich versuche zu schlafen. Die Boeing 747 von British Airways sieht schon gut runtergerockt aus. Kurz vor der Landung ruft ein Flugbegleiter dem anderen zu, dass der Flug am Vortag wegen technischer Probleme abgesagt werden musste. „Oh“ antwortet der andere und schnallt sich fest.
Viertel nach sieben am Samstagabend. Die Schlange vor den Einreiseschaltern in Mexiko-Stadt ist enorm. Ich werde ausgefragt über meinen Grund der Reise, hole meinen Koffer, der längst auf einem Haufen anderer Koffer neben dem Gepäckband liegt, ziehe die ersten mexikanischen Pesos aus dem Geldautomaten und stelle mich an für ein Taxi. Das bezahlt man im Voraus an einem Schalter, bekommt einen Gutschein und der Fahrer fährt los. „Ein bis drei Stunden dauert die Fahrt“, sagt er. „Kommt auf den Verkehr an.“ Wohl ein kleiner Willkommens-Spaß… Auf dem Mittelsteifen wäscht sich ein Straßenampel-Künstler mit Seifenwasser aus einer Plastikflasche. Um ihn herum leuchten die riesigen Werbeplakate für die bevorstehende Präsidentschaftswahl: Gestriegelte und gelackte Politiker in Anzügen und mit Photoshop-Lächeln. Mit dem Taxifahrer führe ich eine Runde die übliche Taxifahrer-Touristen-Unterhaltung und nach etwa dreißig Minuten stehe ich vor der Haustür von Adrian, bei dem ich die kommenden Wochen wohnen werde.
An den Klingelschildern stehen keine Namen sondern nur die Nummern der Appartements. Ich klingel bei „4“, Adrian öffnet und schon habe ich ein Bier in der Hand. „Indio“. Willkommen in Mexiko.
In meiner WG wohnen neben Adrian auch der mexikanische Industriedesigner Guillermo und die spanische Journalistin Noemi. Wir trinken Bier, quatschen und verstehen uns gleich gut. Ich glaube, das wird eine tolle Zeit hier! Nur an den Tequila muss ich mich erst noch gewöhnen. „Con limón y sal es gay!“, sagen Adrian und Guillermo. „Mit Zitrone und Salz ist schwul.“ Tequila pur. Ich bekomme nur ein Glas herunter und spüle mit Bier nach. Training ist alles.
Gleich am nächsten Tag beginne ich meine Reise durch Südmexiko. Zwei Wochen bleiben mir, dann startet mein Praktikum im ARD-Hörfunkstudio Mexiko-Stadt. Zum Busbahnhof (einem der vier großen) fahre ich mit der Metro. Eine Fahrt mit der mexikanischen U-Bahn kostet drei Pesos (16 Cent). Die langen orangefarbenen Züge fahren auf Rädern und Schienen gleichermaßen und neben viel Polizei auf den Bahnsteigen sind auch Scharen ambulanter Händler unterwegs. Innerhalb von drei Stationen hätte ich eine Top-100 CD, eine Dokumentation über die Präsidentschaftsbewerber auf DVD und noch eine Best-Of-CD eines mexikanischen Sängers kaufen können. Doch ich habe mein Ziel im Blick: Den Busbahnhof. Die Umsteigewege sind enorm lang – zum Glück ist das Gewusel am Sonntagvormittag nicht ganz so groß.
An der riesigen Estación del Norte kaufe ich ein Ticket nach Papantla. Das Gepäck wird wie beim Flughafen durchleuchtet – und mein Taschenmesser im Handgepäck trotzdem erst nach der Hand-Kontrolle direkt am Bus herausgefischt und noch schnell in die Gepäckluke verfrachtet.
Der Bus ist ziemlich leer und kalt. Aber anders als in Peru gibt es keine eigene Fahrerkabine und die Passagiere haben freie Sicht nach vorn. Eigentlich interessieren sich alle aber nur für die Bildschirme, auf denen irgendein Film schon läuft, da sind die Türen gerade einmal einen Augenblick geschlossen. Der Bus quält sich durch Mexiko-Stadt. Zwar liegt die Busstation schon recht weit im Norden der Stadt. Aber es geht immer noch weiter. Der Moloch will nicht enden.