17 Cent für eine U-Bahn-Fahrt? Das ist billig. Doch trotzdem kann die Fahrt mit Mexikos Metro noch teurer werden: Nach dem Ticket-Kauf warten unzählige ambulante Händler, die lautstark Krimskrams anbieten. Millionen Menschen strömen täglich an ihnen vorbei. Doch was passiert eigentlich, wenn man all diesen „Kleinunternehmern“ einmal Beachtung schenkt und alles kauft, was auf so einer Metro-Fahrt angeboten wird? Ich mache den Reportage-Selbstversuch.
U-Bahn-Fahren in Mexiko-Stadt ist ein Erlebnis für sich. Die Platzangt sollte man besser zuhause lassen, Wertsachen und die Höflichkeit auch… Denn was sich auf den Bahnsteigen und in den Waggons abspielt – vor allem im Berufsverkehr – dagegen ist das Berliner S-Bahn-Chaos ein Kindergeburtstag! Die Regel „erst aussteigen lassen“ gibt es zwar auch in der Metro – über jeder Tür wird sogar schriftlich daran erinnert. Aber ihr zu folgen, geht nicht. Erstens, weil einen spätestens der Hintermann in den Waggon drückt und zweitens, weil der Metro-Fahrer keine Zeit dazu lässt: Türen auf, wenige Sekunden warten, Warnsignal, Türen zu. Gnadenlos. Einmal im Waggon, ist an einen Sitzplatz so gut wie nie zu denken. Stattdessen enger Körperkontakt angesagt: Einen Arm, das Gesicht oder den Bauch eines beleibten Herren oder eine fetten Frau bekommt man bestimmt einmal am Tag ab. Kräftige Ventilatoren drücken orkanartig warme Luftmassen von der Waggondecke auf die Massen und die geöffneten Fenster sorgen für ohrenbetäubenden Tunnel-Lärm. In den seltensten Fällen gelingt dem Fahrer eine sanfte Bremsung – aber der Körperfülle vieler Mexikaner sei Dank, sind keine Airbags nötig. Wer aussteigen will, sollte sich mindestens eine Station vorher mit vollem Ellenbogeneinsatz und ohne ein Wort der Entschuldigung (sonst ist der Mund an der Tür fusselig) durchkämpfen. Weil so eine Quetsch- und Kuscheltour nicht jedermanns bzw. -fraus Sache ist, sind in den Stunden des Berufsverkehrs einige Waggons nur für Frauen und Kinder reserviert. Hilfspolizisten an den Bahnhöfen passen auf, dass das auch eingehalten wird. Dort wird dann nicht ganz so arg gedrängelt – mit der Folge für alle anderen Waggons, dass es hier nun noch voller wird…
Wenn man sich die ganze Zeit vor Augen hält, welche viehtransportartigen Umstände man da gerade mitmacht, ist so eine Metrofahrt keine Freude. Aber es gibt Abwechslung: Häufig, in einigen Linien an jeder Station, steigen Verkäufer ein, die gegen den Tunnel-, Motor- und Ventolatoren-Lärm mit gepresster Stimme anschreien und alle möglichen Dinge verkaufen. Das reicht von praktisch über unnötig bis skurril und lustig. Diesen Menschen seine Aufmerksamkeit zu schenken, lohnt sich! Zumal sie meist eine sehr höfliche Verkaufsstrategie verfolgen: „En esta ocasión les traigo a la venta…“ („Bei dieser Gelegenheit/wo wir schon mal hier sind biete ich Ihnen … an“). Was man auf so einer Metro-Fahrt alles ergattern kann, habe ich für eine Radio-Reportage getestet…
Nippes, Kitsch und Plunder
Ein Einkaufsbummel in der Metro von Mexiko-City
Mein Portemonnaie ist voll mit Kleingeld und der Rucksack leer. Beste Voraussetzungen für eine Shopping-Tour in der Metro von Mexico City!
Los gehts in Barranca del Muerto. Mit der Linie 7 fahre ich bis Tacubaya und weiter mit der Linie 9 bis Centro Medico. Die spannendste Linie zum Shoppen: Linie 3. Sie ist eine der längsten und hier steigen zum Berufsverkehr ein bis zwei Verkäufer pro Waggon und Station ein und drängeln sich durch die schwitzende Menge. Ich fahre bis zur Endstation Indios Verdes und gleich wieder zurück. Am Centro Médico steige ich wieder aus und fahre weiter mit der Linie 9 bis zur Endstation: Pantitán. Diese Station ist riesig und die Wege zum nächsten Bahnsteig unendlich lang. Drei Linien starten und enden hier bzw passieren die Station: Optimale Voraussetzungen für Verkäufer. Es wimmelt von Menschen. Alles potenzielle Kunden! Also ran an den Speck: Laut! Mein Rucksack ist schon gut gefüllt, aber ich wähle noch einmal eine andere Linie: Die 1 führt mitten durchs Zentrum. Das heißt für die Verkäufer: Zusätzlich kaufkräftige Touristen! Spätestens in Tacubaya bin ich geschafft. Zum Glück ist es von hier bis Barranca del Muerto wieder ruhig. In diese (wenn auch gut betuchte) Ecke der Stadt verirren sich nur wenige Verkäufer.
Ende der Fahrt: Mein Portemonnaie ist leer und mein Rucksack voll. 3 Pesos (17 Cent) für das U-Bahn-Ticket und 188 Pesos (11,60 Euro) hat der Shopping-Spaß gekostet. Aber was zum Teufel habe ich alles gekauft???
Klick dich durch meine Errungenschaften: