Die Insel der Jugend ist Kubas toter Winkel. Hier ticken die Uhren noch langsamer als im Rest des Landes: mit ungeschöntem Alltag, unmenschlicher Geschichte und fast unberührten Stränden.
Eigentlich ist die Isla steinreich… würde sie die großen Marmorvorkommen verkaufen oder exportieren. Aber immer fehlt etwas. Die richtige Säge, Sägeblätter – oder einfach nur der Wille. Also wird die Hauptstadt geschmückt: Die Fußgängerzone und alle Bänke in Nueva Gerona sind aus Marmor. Die Geschäfte rechts und links bleiben allerdings leer… Und wofür andere viel Geld zahlen würden, wird hier sogar noch verschmäht! Nach einer Anekdote ließ ein Parteifunktionär einst den schwarzen Marmorsand am Strand abbaggern und gegen weißen ersetzen.
Das Presidio Modelo ist ein eindrücklicher Kontrast zu ausgeleierten Kubaklischees. Weiße Karibikstrände und türkisblaues Wasser sind weit, weit weg. Auch Rum oder Zigarren sind hier nicht zu haben. Dafür sind die fünf großzügigen Rundbauten mit 1.860 landestypisch ausgestatteten Doppelzimmern und dem pompösen Speisesaal ein architektonischer Leckerbissen der 1920er Jahre. In dieser Abgeschiedenheit fand schon Fidel Castro in den fünfziger Jahren Inspiration für seine berühmte Rede “Die Geschichte wird mich freisprechen”. Das aufmerksame Personal ist rund um die Uhr für die Gäste da. Anschluss ist in den marmorierten Gemeinschaftsduschen schnell gefunden, spätestens aber in den Werkstätten für handwerklich begabte Besucher oder in den weitläufigen
Grünanlagen. Von der Beliebtheit des Presidio Modelo zeugt das meist äußerst politikinteressierte Publikum, das oft gleich mehrere Jahre bleibt. Der Vorteil an den Rundbauten: Im Notfall konnte ein Wächter alleine einen ganzen Block bewachen. Zugang zum Wachturm gibt es nur durch einen Tunnel nach draußen.
Wir fahren zum Hotel Colony im Süden der Insel. Der Plattenbau hat schon bessere Zeiten gesehen. Angeblich gebaut von der Mafia, um dort ungestört Geheimtreffen veranstalten zu können,
blühte es später als Tauchbasis auf. Auf dem benachbarten Flughafen landeten sogar internationale Flüge! Das Hotel lief allerdings so gut, dass die kubanische Regierung irgendwann entschied, dass sie das Geld auch gut selber gebrauchen könnte. Also wurde das Hotel verstaatlicht. Kurze Zeit später blieben die Gäste aus und das Hotel verkam. Auf der Schlagloch-Landebahn des Flughafens würden noch nicht einmal mehr kubanische Militärpiloten aufsetzen wollen! Dass heute überhaupt Gäste kommen, liegt schlicht daran, dass das Hotel Colony das einzige in der Gegend ist. Und die Tauchgebiete vor der Küste gelten tatsächlich zu den schönsten Kubas! Deswegen sind wir hier. Nur mit der Bezahlung ist das noch so eine Sache: “Das Kartenlesegerät funktioniert nicht. Da ist der Blitz eingeschlagen!”
Der südliche Teil der Insel ist ein riesiger Sumpf voller Krokodile und militärisches Sperrgebiet. Deswegen fahren wir mit dem Boot zur Punta Francés. Der Strand ist nur für Touristen zugänglich, Kubaner dürfen ihr eigenes Land hier nicht betreten. Sie könnten ja etwas schmuggeln, meint Fidel. Aber was eigentlich…? Das einzige, was auf der Isla de la Juventud produziert wird, sind Früchte. Der Strand ist traumhaft und menschenleer. Nur hin und wieder kommen ein paar Kreuzfahrttouristen her. Die bekommen dann vom Strand-Wachposten Ananas aus der Dose serviert, statt frische Früchte. Konserven sind teuer in Kuba – und für die Gäste nur das Beste…