Papantla
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In Papantla geht die Reise los. Die kleine Stadt ist ideal, um mich langsam mit Mexiko, den Mexikanern und v.a. dem Essen anzufreunden. Völlig entspannt präsentieren sich Papantla und seine Bewohner – das Leben spielt sich hier fast ausschließlich auf dem Hauptplatz ab. Sehr gemächlich, nur kein Stress: Dafür ist es viel zu warm.

Direkt neben der Autobahn sind Plastikstühle und Tische aufgebaut, bereit für ein Festmahl. Von Lautsprechern auf Lastwagen-Ladeflächen dröhnt Musik – es sieht richtig gemütlich aus. Ich brause im Bus vorbei. Über kurvenreiche Straßen geht’s durch die Berge der Sierra Madre. Vorbei an einem Stausee, dabei läuft ein Film nach dem anderen auf den Bildschirmen an der Decke des Busses.

Vor der Stadt Poza Rica tauchen auf einmal große Bohrtürme am Horizont auf. Die Flammen an der Spitze sind weithin sichtbar und die Öl-Pumpen drehen sich unaufhörlich. Im Bus wird des wärmer. Schafft’s die Klimaanlage nicht mehr? Es ist wahnsinnig schwül draußen. Als ich in Papantla aussteige muss ich nur einen Schritt gehen und fange sofort an zu schwitzen.

Von Masten wie diesen stürzen sich die Voladores in die Tiefe. Vor der Kathedrale steht ein noch höherer aus Metall.
Von Masten wie diesen stürzen sich die Voladores in die Tiefe.
Vor der Kathedrale steht ein noch höherer aus Metall

Das weiße Pulver, dass der erste Mensch, der mich auf der Straße anspricht, in einer kleinen durchsichtigen Tüte aus seinem Portemonnaie hervorholt, ist sicherlich kein Puder gegen den Schweiß… Nein, ich möchte nichts kaufen. Der Mann reibt sich die Nase, ich gehe weiter.

Aber ich schwitze nicht allein. Den Menschen in der Stadt scheint es genauso zu gehen. Sie sitzen auf dem Hauptplatz (in Mexiko meist Zócalo genannt) und entspannen sich. Die Schattenplätze sind begehrt. Es lohnt nicht, sich zu bewegen. Bunte Luftballon-Verkäufer sorgen für Unterhaltung, ebenso ein paar Tauben, die um den Pavillon in der Mitte des mit vielen Bäumen bepflanzten Zócalos jagen. Der Weg zum nächsten Essensstand ist auch nur ein paar Schritte lang – beste Voraussetzungen also, den Tag hier zu verbringen. Die Blumenverkäuferinnen vor der Kathedrale machen am Sonntag guten Umsatz und auch vor der Kathedrale kreist der Klingelbeutel – und kreisen die „Voladores“! Fünf Männer klettern dafür auf einen mindestens zwanzig Meter hohen Masten und stellen sich auf eine kleine Plattform ganz oben. Der Anführer von ihnen spielt Flöte. Von dort oben schickt er Gebete für die Fruchtbarkeit des Landes auf den Weg. Auf das Kommando des Anführers stürzen sich die vier anderen Männer von der hohen Plattform kopfüber in die Tiefe. Ihre Füße sind dabei mit Seilen am oberen Ende der Stage festgebunden. An den Füßen festgebunden drehen sich die Voladores („Flieger“) nun zum Flötenspiel solange um die Stange, bis die Seile an ihren Füßen von dem Masten abgewickelt sind. Im letzten Moment drehen sie sich und landen mit den Füßen wieder auf dem Boden. 13 Mal dreht sich jeder der vier Voladores so um den Mast – als Symbol für den 52 Jahre dauernden Zyklus des aztekischen Kalenders.

Die Voladores sind so etwas wie das Symbol von Papantla. Ihr Brauch kommt aus der Region. Deshalb thront hoch über der Stadt auf einem Berg auch ein gewaltiges Monument eines Flötenspieler-Voladores. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt und kommt endlich in den Genuss eines leichten Windhauches.

Der Blick auf den Zócalo bleibt allerdings durch die Kathedrale versperrt. Neben dem Hauptplatz ist am Sonntag hier am meisten los. Ein Gottesdienst nach dem anderen: In der Kathedrale ist es allerdings so unerträglich heiß, dass die meisten Besucher mehr damit beschäftigt sind, sich Luft zuzufächeln als den Gebeten zuzuhören. Nebelschwadenartig ziehen gewaltige Mengen Weihrauch vom Altar durch die geöffneten Türen nach draußen. Zwei riesige Ventilatoren neben dem Altar wirbeln zusätzlich Luft (und Weihrauch).

Papantla vom Monumento del Volador
Papantla vom Monumento del Volador

Auch am Abend bleibt der Hauptplatz belebt. Vom Restaurant „La Hacienda“ habe ich einen guten Blick. Ein dünnes Steak, dazu vier Enchiladas mit Käse und etwas Bohnen, Reis und Salat. Der erste Eindruck der mexikanischen Küche: Gut! Dazu gibt es kaltes „Sol“-Bier aus der Flasche. Auch am Zócalo bekommen die Essensstände Zulauf. Väter kaufen ihren Kindern bunte Luftballon-Tiere oder –Stangen und werfen sie sich gegenseitig zu. Dabei haben sie mehr Spaß als die Kinder, die die Luftballons eigentlich wieder fangen sollen… Überall sitzen Liebespärchen und turteln herum. Papantla ist ein Liebesnest! Natürlich, hier muss das Blut der Menschen natürlich heiß sein.

Im teuren „Hotel Tajín“ ist selbst das kalte Wasser in der Dusche warm. Zum Glück gibt es über meinem Bett einen Ventilator – für die Klimaanlage finde ich keine Fernbedienung…