Es ist einer der bedeutendsten archäologischen Schätzeder Welt – die Ruinenanlage Monte Albán. Die Zapoteken haben hier vor 2000 Jahren Wahnsinniges geschaffen: Eine Bergspitze auf knapp 200.000qm platt gemacht, Pyramiden drauf gestellt und der Natur gezeigt, wer hier das Sagen hat.
Nur noch 30 Minuten, dann fährt der Bus!“ Das ist mir zu spät. Außerdem regnet es du ich will nicht warten. Die Schlepperin bangt um ihre Provision und will mich zu ihrem Bus-Unternehmen zerren. Guter Kundenfang geht anders, deswegen gehe ich zur weniger aufdringlichen Konkurrenz. Gleiche Abfahrtszeit, gleicher Preis, egal. Es regnet weiter – zum Glück ist es in der Ruinenanlage Monte Albán nicht so schlimm. Sie liegt auf der Spitze eines Berges hoch über der Stadt Oaxaca. Vor 2000 Jahren beherrschten die Zapoteken und Mixteken das Land und sie hinterließen einen der bedeutendsten archäologischen Schätze der Welt – wie es mein Reiseführer anpreist. Tatsächlich sind allein die Ausmaße der Anlage beeindruckend: Die Zapoteken haben einfach die komplette Bergspitze abgetragen, eine Fläche von 750 x 250 Metern planiert und hier ihre Pyramiden und Gebäude drauf gebaut. Eine Kampfansage: Die Zapoteken wollten so wohl ihre Beherrschung der Natur demonstrieren. Eine Stadt ohne natürliche Wasserversorgung, das Rad war noch nicht erfunden, Lasttiere haben sie auch nicht benutzt. Bis zu 30.000 Menschen lebten in der Stadt – die gesellschaftliche Elite des Volkes. Warum die Stadt etwa 950 n. Chr. aufgegeben wurde, ist nicht klar.
Die gepflegte Anlage ist schon ziemlich gut restauriert. Einziger Wermutstropfen: Große Teile der Ruinen sind abgesperrt und nicht begehbar. Überall sind hohe Treppen an den Gebäuden und Pyramiden erhalten, am Rande des großen Ballspielplatzes sind die Tribünen noch gut sichtbar. Viele Reliefs sind zwar nachgebildet, aber stellen trotzdem prima dar, wie es hier früher ausgesehen haben könnte. An der Plataforma Sur, einer gewaltigen nicht restaurierten Pyramide, führt eine breite Freitreppe nach oben. 42 Stufen, 40 Meter breit. Die Stufen sind wahnsinnig steil und gar nicht so leicht zu erklimmen. Aber der Blick von oben auf die Anlage und ins Tal lohnt sich. Beziehungsweise könnte sich lohnen, wenn die dunklen Wolken nicht wären und den Blick teils versperrten. Die graue Regenfront hält genau auf Monte Albán zu. Schnell weiter, damit ich noch möglichst viel sehe, ohne nass zu werden.
An der „Galerie“ sind etliche Reliefskulpturen nachgebildet. Sie zeigen meist „Tänzer“ – danzantes – wohl Blutopfer oder Gefangene. Oder doch eine Art medizinisches Lehrbuch? Diese Galerie jedenfalls zählt zu den Highlights von Monte Albán und es macht Spaß, sich die Reliefs einfach anzuschauen und den Gedanken und Deutungen freien Lauf zu lassen. Vorbei an den am besten restaurierten Gebäuden der Anlage geht’s zur Plataforma Norte. Hier kann man auf den Ruinen frei herumlaufen und hat endlich nicht mehr das Gefühl, Monte Albán nur zu besichtigen, sondern selbst zu entdecken – auch wenn alles wirklich spannende auch hier abgesperrt ist. Zum Beispiel die Grabkammer Tumba 104. Drinnen soll es tolle Wandmalereien geben, die zapotekische Götter zeigen. Aber der Zugang ist schon seit Jahren zur Konservierung geschlossen – eine Kopie der Grabkammer ist immerhin im Museo Nacional de Antropología in Mexiko-Stadt ausgestellt.
Der Regen wird stärker, mein T-Shirt ist durchnässt, Zeit für die Rückfahrt.